
EUDR: Europas Antwort auf globale Abholzung
Etwa ein Fünftel der menschengemachten Emissionen, das entspricht 7,8 Milliarden Tonnen CO₂, werden laut dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung durch Wälder aufgenommen. Die dauerhafte Abholzung und der Klimawandel wirken sich negativ auf die Kohlenstoffspeicherung aus. Mit der Entwaldungsverordnung, kurz EUDR, will die EU der weltweit fortgeschrittenen Waldrodung entgegenwirken. Dadurch verändert sich, wie bestimmte Produkte in Europa gehandelt werden. Für von Abholzung besonders betroffene Rohstoffe wie Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee, Holz, Kautschuk und Rindererzeugnisse gilt ein verpflichtender Nachweis der Entwaldungsfreiheit ab Ende des Jahres.
EUDR greift tief in die Lieferketten ein
Neben den genannten sieben Rohstoffgruppen sind auch Erzeugnisse daraus, wie Schokolade, Lederartikel, Papier, Reifen oder Möbel von der Verordnung umfasst. Ziel ist es, sicherzustellen, dass diese Rohstoffe nicht auf Flächen gewonnen wurden, auf denen nach dem 31. Dezember 2020 Entwaldung stattfand. Betroffen sind daher Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren. Darunter fallen etwa die Lebensmittelverarbeitung, Bauwirtschaft, Möbelproduktion, Textil- und Automobilbranche, der Handel sowie die gesamte Holzbranche. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen sich unter Abstrichen an die Vorgaben halten.
Benchmarking und Umfang der Sorgfaltspflichten
Die EU sieht eine Einstufung der Herkunftsländer in drei Risikokategorien vor: geringes, normales und hohes Risiko. Nur vier Länder gelten aktuell als Hochrisikoländer: Russland, Belarus, Myanmar und Nordkorea. 140 Länder, darunter die EU-Staaten, Indien und China gelten als Länder mit geringem Risiko. 50 Länder, wie Brasilien oder Indonesien, wurden als Länder mit Standardrisiko klassifiziert. Je geringer die Risikokategorie, desto unwahrscheinlicher sind Prüfungen durch Behörden. Die Sorgfaltspflicht beinhaltet die Informationssammlung, die Risikobewertung sowie die Risikominimierung. Bei normalem und hohem Risiko ist durch die Unternehmen ein umfangreicherer Sorgfaltsprozess durchzuführen, wohingegen bei Niedrigrisikoländern das Sammeln der Herkunftsdaten und die Einhaltung der Legalitätserfordernisse ausreichend ist.
Schrittweises Vorgehen zur Umsetzung der EUDR
Zuerst sollten Sie feststellen, ob Sie im Sinne der EUDR als Marktteilnehmer, durch erstmaliges Inverkehrbringen bzw. durch Export, oder als Händler eines relevanten Produkts fungieren. Folgende weitere Schritte sind vorzunehmen:
- Relevante Waren und Lieferant:innen identifizieren: Dazu zählen die genannten Rohstoffe und Erzeugnisse, solange diese unter den Anhang 1 der Verordnung fallen sowie die Bestimmung der damit verbundenen Lieferant:innen.
- Analyse der internen Daten & Verbesserung der Datentransparenz: Dabei gilt es festzustellen, ob alle relevanten Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfasst werden.
- Geolokalisierung der Herkunft: Für alle betroffenen Produkte muss der genaue Ursprungsort bei den Lieferant:innen erhoben und dokumentiert werden.
- Transparente Lieferkettenstruktur: Die gesamte Lieferkette ist nachvollziehbar darzustellen. Vermischungen mit nicht verfolgbaren Rohstoffen sind untersagt.
- Risikoanalyse: Bei normalem oder hohem Risiko ist eine entsprechende Bewertung der Sorgfaltspflicht durchzuführen.
- Sorgfaltspflichterklärung via TRACES: Die Meldung erfolgt über die digitale EU-Plattform TRACES, bevor ein Produkt in der EU vermarktet oder ausgeführt wird.
- Interne Integration: Prozesse in Einkauf, IT, Compliance und Produktion müssen entsprechend angepasst werden.
Die neuen Informationspflichten können dazu dienen, mehr über Ihre Lieferant:innen zu erfahren und Transparenz in Supply Chains zu schaffen. Die Nutzung von Plattformen und Netzwerken kann Lieferant:innen dabei unterstützen, Nachhaltigkeit und Entwaldungsfreiheit zu gewährleisten. Ab einer gewissen Anzahl an Lieferant:innen wird die Umsetzung ohne eigene Softwarelösung nicht mehr möglich sein. Denken Sie bei der Auswahl eines Providers an dessen Branchenkenntnis, Implementierungserfahrung sowie Schnittstellenmöglichkeiten zu bestehenden ERP-Systemen, aber auch zu Traces und Zollbehörden.
Jetzt handeln – strukturiert und pragmatisch
Die EUDR stellt Unternehmen nicht nur vor neue Berichtspflichten, sondern erfordert tiefgreifende Eingriffe in bestehende Liefer- und Datenprozesse für ganz bestimmte Produkte. Mit Blick auf die Umsetzungsfristen steigt der Handlungsdruck. Unternehmen sollten jetzt prüfen, welche Produkte und Lieferant:innen betroffen sind und welche Informationen verfügbar sind. Darauf aufbauend, ist ein Due Diligence-Prozess zu etablieren.
inloop unterstützt bei der Analyse, Prozessgestaltung und Auswahl passender Technologien. Im Vordergrund stehen dabei ein pragmatischer Ansatz zur Umsetzung der Anforderungen in die gelebte Unternehmenspraxis sowie die Nutzung von Synergieeffekten in Supply Chains.
Kontakt: Lydia Schwarhofer