Europäisches Lieferkettengesetz (CSDDD)
Im Sinne eines gerechten und nachhaltigen Wirtschaftens hat die EU-Kommission im Februar 2022 den Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) vorgestellt. Die Achtung der Menschenrechte und der Umweltschutz sollen damit auch auf europäischer Ebene in allen globalen Wertschöpfungsketten verankert werden. Das europäische Lieferkettengesetz geht dabei über geltende Vorschriften des deutschen Lieferkettengesetzes (LkSG) hinaus.
Was wird im europäischen Lieferkettengesetz geregelt und ab wann gilt es?
Der Entwurf des Gesetzes verpflichtet Unternehmen zum sorgfältigen Umgang mit Menschenrechtsstandards und mit dem Umweltschutz entlang ihrer Lieferketten. Dabei werden sowohl direkte als auch indirekte Lieferant:innen miteinbezogen.
Mit dem 14.12.2023 haben der Europäische Rat und das Parlament einen vorläufigen Entwurf über die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD oder CS3D) beschlossen. Die Vereinbarung erfordert noch die Bestätigung durch das Parlament und den Rat, was jedoch als Formalität betrachtet wird. Für die Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze haben die Mitgliedsstaaten nun zwei Jahre Zeit. Daher sind die grundlegenden Punkte des lang diskutierten Gesetzes festgelegt und bieten Gewissheit darüber, welche Anforderungen Unternehmen voraussichtlich ab Anfang 2026 erfüllen müssen.
Welche Unternehmen müssen CSDDD anwenden?
- Vordergründig betroffen sind sowohl europäische Unternehmen als auch Unternehmen aus Drittstaaten, die in der EU tätig sind, mit weltweit mindestens 500 Beschäftigten und einem Nettoumsatz ab 150 Millionen Euro.
- Die Vorschriften gelten zudem auch für Unternehmen mit einem Nettoumsatz von 20 Millionen Euro generiert aus spezifischen ressourcenintensiven Branchen (Handelsunternehmen aus der Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie, Nahrungsmittelbranche, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Bergbau und der Bauindustrie) mit mehr als 250 Beschäftigten sowie einem globalen Nettoumsatz von mehr als 40 Millionen Euro weltweit.
- Unternehmen aus Nicht EU-Ländern unterliegen ebenfalls der Richtlinie, sofern diese drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes einen Jahresnettoumsatz von über 150 Millionen Euro in der EU verbuchen. Somit soll die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen im EU-Wirtschaftsraum garantiert werden.
- Nicht direkt in den Anwendungsbereich fallen Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Indirekt werden sie jedoch in der Folge als Zulieferer größerer Unternehmen in die Pflicht genommen.
- Der aktuelle Entwurf der EU-Gremien exkludiert Bereiche des Finanzsektors, insbesondere dessen Investitions- und Darlehenstätigkeiten, von der CSDDD Richtlinie. Eine festgelegte Klausel garantiert die erneute Überprüfung des Sachverhaltes in den kommenden Jahren.
Was sind die Kernpunkte von CSDDD?
Neben der Einhaltung der Menschenrechtsstandards stellt das EU-Lieferkettengesetz auch auf Klima- und Umweltschutz ab. Daher hat die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gemäß des Pariser Klimaabkommens in der Geschäftsstrategie von großen Unternehmen berücksichtigt zu werden.
Zur Sicherstellung ihrer Verantwortung können sich Unternehmen an grundsätzlichen Arbeiternehmerrechten wie den Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation, ILO, (beispielsweise Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Vereinigungsfreiheit usw.), an den Menschenrechten (Freiheit und Sicherheit von Personen, Gleichheit vor dem Gesetz usw.); am Schutz der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen, Gewässern oder der Atemluft und an der Bekämpfung des Klimawandels orientieren.
Im Rahmen der Sorgfaltspflicht für Mensch und Umwelt müssen sich Unternehmen einer Risikoanalyse unterziehen sowie Präventions- und Abhilfemaßnahmen schaffen:
- Ermittlung negativer Auswirkungen in Hinblick auf Menschenrechte und Umwelt sowie Ableitung von Maßnahmen zur Verhinderung, Abschwächung oder Behebung
- Integration der Sorgfaltspflichten in die Unternehmenspolitik und in den Management-Systemen
- Einrichtung von Beschwerdemöglichkeiten für Beteiligte entlang der Lieferkette und Einleitung entsprechender Verfahren
- Kontrolle und Überwachung der Wirksamkeit der Maßnahmen
- Vorlage und Implementierung eines Transformationsplans zur Einhaltung der Reduktionsziele gemäß dem Pariser Klimaabkommen
- Transparente und öffentliche Kommunikation zur Sorgfaltspflicht
- Verknüpfung variabler Vergütung mit Compliance in Lieferketten
Mit welchen Strafen ist bei Verstoß gegen CSDDD zu rechnen?
Die Überprüfung der Unternehmen werden nationale Aufsichtsorgane der EU-Mitgliedstaaten übernehmen, die bei Verstößen gegen das Gesetz Strafen verhängen können:
- Nicht konformen Unternehmen droht eine Strafe von bis zu 5% des globalen Nettoumsatzes
- Veröffentlichung einer transparenten Liste von Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen
CSDDD droht jedoch nicht ausschließlich mit Bestrafungen, sondern setzt Anreize zu Priorisierungen bei öffentlichen Ausschreibungen für konforme Unternehmen.
Worin unterscheidet sich das deutsche Lieferkettensorgfaltsplichtengesetz (LkSG) zu CSDDD?
Das deutsche Gesetz trat im Jänner 2023 in Kraft und betrifft seit Anfang 2024 Unternehmen ab einer Firmengröße von über 1.000 Mitarbeitenden. Es bezieht sich ausschließlich auf unmittelbare Zulieferer und berücksichtigt somit nicht die gesamte Wertschöpfungskette.
Mit der Pflicht zur anlasslosen Nachverfolgung ganzer Wertschöpfungsketten stellt CSDDD im Vergleich zum deutschen Gesetz eine deutlich strengere und umfangreichere Regulierung dar. Die deutsche Fassung beschränkt sich auf Menschrechte und betrachtet Umweltschutz nur mittelbar.
Das deutsche Gesetz muss nach der offiziellen Verabschiedung der EU-Richtlinie an die Anforderungen der europäischen Richtlinie voraussichtlich bis Anfang 2026 angepasst werden.
Welchen Anforderungen muss der Mittelstand gerecht werden?
Mittelfristig werden große Unternehmen auch ihre Zulieferer aus dem Mittelstand in die Pflicht nehmen. KMU müssen sich daher frühzeitig klar positionieren. Für kleine Unternehmen mit eingeschränkten Mitteln und geringem Verursachungsbeitrag kann es sinnvoll sein, sich unternehmensübergreifender Kooperationen anzuschließen. Präventionsmaßnahmen müssen nicht zwangsläufig im Alleingang gestemmt werden. Im Bedarfsfall sollen die Kosten des Mittelstands für die Einhaltung der Anforderungen mit staatlicher Beihilfe subventioniert werden.
Wohin steuern wir mit CSDDD?
In einer globalen Wirtschaft soll das Gesetz Menschen jene Rechte zukommen lassen, die notwendig sind, um Industrie- und Konsumgüter unter möglichster Ressourcenschonung weltweit zu beziehen. Somit müssen Unternehmen Nachhaltigkeit an ihren künftigen Unternehmenserfolg knüpfen. Dabei können ihnen digitale Technologien zur Nachverfolgung oder das Design von Produkten in zirkulären Kreisläufen dienen.
Bei inloop greifen wir auf umfassende Erfahrung aus vielen Projekten der fertigenden Industrie zurück und bieten Ihnen die entsprechende prozessuale und technologische Expertise, um gemeinsam Ihre Roadmap für nachhaltiges und resilientes Wirtschaften festzulegen.